Wie ignoriere ich Fremdgeräusche

...oder Wie werde ich zum Buddhisten

Ein Bericht über die Bauarbeiten rund um unsere Fakultät und ein Blick in die Zukunft

Eins will ich euch gleich von Anfang an sagen, es wird nicht besser. Es wird sich nichts ändern, es wird eher schlimmer werden! Der einzige Weg, der uns bleibt, ist der Buddhismus und geistige Disziplin. Würden wir nicht selbst jeden Tag sagen, “ist doch alles nicht so schlimm, wird doch alles besser”, bestimmt wäre schon mancher von uns laut schreiend aus der Tür oder dem Fenster gesprungen. Die Bauarbeiten vor, neben und in unserer Fakultät bescheren uns zu Weihnachten eine neue Straßenbahnhaltestelle (und damit laute Straßenbahnen alle 10 Minuten, vielleicht auch noch öfter) dem Haus neben uns ein neues Dach und irgendeinem weiteren Professor ein Luxusbüro. Doch damit nicht genug. So die Arbeiten Ende Januar beendet sind, werden hinter unserem Gebäude umfangreiche Bauarbeiten beginnen, mit dem Ziel, irgendein Haus dorthin zu stellen, und uns die Sicht auf das SAS und die Spree zu nehmen.

Man könnte meinen, daß wir, die wir hier inmitten der Hauptstadt sind, schnelle und akkurate Arbeit sehen, doch bietet sich uns das gleiche Bild wie überall: einer arbeitet, vier machen Pause. Es stimmt, es ist Winter und es ist kalt, aber wir versuchen doch alle, mehr oder weniger ernsthaft unser Studium voranzutreiben bzw. zu beenden. Warum wird nicht ebenso ernsthaft versucht, mal endlich eine Baustelle abzuschließen? Ist es nicht wirklich bisweilen nervtötend, jeden Morgen, wenn man meistens sowieso schon zu spät kommt, einen neuen Weg zur Fakultät zu suchen? Doch das ist es, und egal woher man kam, in den letzten Monaten war das so! Manchmal noch schlimmer, denn ab und zu gab es einfach fast keinen Weg!

Nun, wir wollen ja alle die große Erneuerung Berlins, doch bitte nicht überall direkt um uns herum und alles auf einmal. Und wenn, dann doch bitte nicht für die Ewigkeit! So war zu erfahren, daß nächstes Jahr das Wohnhaus gegenüber umfangreich saniert werden soll, zumindest die unteren Stockwerke! Wahrscheinlich wieder zur besten Zeit im Sommer, wenn man es sowieso kaum aushalten kann im Gebäude, speziell in 201 & 202! Daß dort der Sauerstoff ein beinahe so rares Gut ist wie freundliche BVG-Mitarbeiter, ist ja längst kein Geheimnis mehr. Bloß wenn man dann aufgrund ohrenbetäubenden Lärms die Fenster geschlossen halten muß, dann ist es aus mit der Konzentration und zwar nicht erst nach 30 Minuten, wie allgemein als Studentenverhaltensweise bekannt!

Selbst Herr Professor Kamecke ließ sich kürzlich, nachdem er (wieder)einmal gähnen mußte zu der Äusserung hinreißen, da habe der HERMES aber recht und es sei in der Tat „erschütternd“: zu wenig Sauerstoff! Auch ist der „Ablenkungsfaktor“ nicht zu unterschätzen. Professor Wickström zum Beispiel wurde mehrfach dabei beobachtet, wie er ungefähr alle 15 Minuten in seiner Vorlesung innehält, um aus dem Fenster und nach dem Rechten zu sehen. Böse Zungen vermuten, er sei von einer der Baufirmen angeheuert worden, die Arbeiter zu beaufsichtigen. Wo soll denn das hinführen? Es scheint, als drehe sich alles nur noch um Baustellen, Renovierungen und fehlenden Sauerstoff.

So kann es nicht weitergehen, wir müssen uns geistig disziplinieren und lernen, mit diesen Mißständen zu leben. Meditieren und fröhlich sein, wir müssen alle zu Buddhisten werden. Vielleicht dann in 10-15 Jahren, vielleicht ist es dann doch besser und unsere Nachkommen können in Ruhe mit der Tram zur Uni fahren, die Rolltreppen (geplant für 2001) zu 201 benutzen,um im vollklimatisierten Saal (2000) mit Schalldichten Fenstern (1999) und geregelter Sauerstoffzufuhr (2002) der Videopräsentation (?) ihres Profs zu folgen, vielleicht!
„Das Leben ist eine Brücke, bau‘ keine Häuser auf ihr!“ (buddhistische Weisheit)
Viel Spaß, probiert‘s mal aus, mir hat es auch geholfen!

avr