Studieren umsonst...?!

Wer hat sie nicht schon einmal mitgemacht, die wunderbar komplizierte Reise ins BaföG-Amt.

Doch, es gibt einen Hoffnungsschimmer für all diejenigen, die schnell wieder gesunden möchten und ein wenig Engagement mit in das Fachdickicht unserer Fakultät bringen.

Doch zunächst...
Montagmorgen, der erste Weg zum BaföG-Amt und es kommt, wie es kommen mußte – geschlossen. Trotzdem, man kann ja mal rein schauen, die Türen sind ja offen. Nachdem du dir die wirklichen Sprechzeiten notiert hast, entdeckst Du in einem Regal, gar nicht weit vor dir, eine ziemlich umfangreiche Sammlung von interessant aussehenden Papieren. Ohne Hilfe von berufener Hand steckst du erst einmal alle ein, am besten doppelt. Nach Wochen, erfüllt vom Herumrennen, Herausfinden, Kopieren und Ausfüllen, kehrst Du, diesmal just in time, zurück. Wenn Du Glück hast, erspart man dir das lange Warten, und du gelangst endlich dorthin, wo all dein Bemühen belohnt werden soll: Das Sprechzimmer (Achtung, Buchstaben an der Tür beachten!). Jetzt, noch einmal Spannung, denn die hübsche Bearbeiterin überfliegt mit kritisch wachsamen Augen deine so liebevoll ausgefüllten Bögen. Ist Fortuna an deiner Seite, ist alles paletti, doch wehe, es fehlt eine Bescheinigung, Unterschrift, Beglaubigung – worst case, ab nach Hause, erneut warten. Wer dieses Spiel schon einmal richtig miterlebt hat, weiß wie schön diese Augenblicke sind – und das alles nur, um nach 6 Wochen einen Ablehnungsbescheid zu bekommen! Schluß damit!

In dieser etwas überzogenen Skizzierung (auf verkomplizierende Umstände, wie Interdependenzen zwischen BaföG-Antrag und Wohngeldantrag, Scheidungen, und Schwangerschaften, habe ich jetzt bewußt verzichtet) wird deutlich, wie zeit- und kraftaufwendig diese Behördenlauferei mitunter sein kann.

Aber, Esperanza...

Wer sein Grundstudium in angemessener Zeit und mit besonders guten Noten absolviert, der hat die Chance, ein Stipendium der Studienstiftung des deutsche Volkes zu erhalten.

Dieses sehr angesehene und begehrte Stipendium vom größten deutschen Begabtenförderungswerk beinhaltet neben der finanziellen Komponente auch eine Vielzahl von Möglichkeiten, die den späteren Berufseinstieg erleichtern. Auf der Grundlage der Bafög-Berechnungen wird jeder Stipendiat monatlich, mit der ihm laut Bafög-Amt zustehenden Summe, gefördert. Unabhängig davon erhält jeder 150DM Büchergeld im Monat. Beides muß in keiner Art und Weise zurückgezahlt werden und wird bei normalem Studienverlauf bis zum Ende der Studienzeit geleistet.

Als Stipendiat ist man in eine Gruppe von Studenten eingegliedert, welche von einem Vertrauensdozenten der Humboldt-Uni betreut wird. Bei regelmäßigen Treffen in lockerer Atmosphäre hat man die Möglichkeit, mit Studenten, Fakultäten und Semester zusammenzukommen und Gedanken auszutauschen. Das Schöne dabei ist, daß man sich dabei ein wenig vom eigenen Studienfach entfernen kann und neue Einblicke und Sichtweisen in Fachfragen gewinnt. Der Vertrauensdozent hat die Aufgabe, jeden einzelnen bei Fragen und Problemen, welche das Studium betreffen, zu beraten. Er gibt z.B. Tips zu möglichen Praktika- und Auslandsstudiument-scheidungen und hilft auch bei der Wahl möglicher Nebenfächer. Innerhalb der Gruppe lernt man sich schnell näher kennen, so daß der Professor individuell auf die Planungen eingehen kann. Bei gemeinsamen Theater- und Kinobesuchen, Wochenendausflügen und Exkursionen hat man außerdem eine Menge Spaß und kommt nebenbei mit interessanten Menschen in Kontakt. Darüber hinaus bietet die Studienstiftung jedes Semester kulturelle Veranstaltungen an, die man je nach Belieben beanspruchen kann.

Am Anfang des Jahres bekommt jedes Mitglied das komplette Programm mit den wissenschaftlichen und praktischen Angeboten für das laufende Jahr zugeschickt. Aus diesem Heft kann man sich die Optionen auswählen, welche einem zusagen und als Erweiterung des eigenem Studiums dienen.

So hat man z.B. die Möglichkeit, intensive Sprachkurse in England, Spanien oder Rußland zu besuchen. Der Selbstkostenbeitrag ist dabei vergleichsweise gering. Während der Sommerferien werden in verschiedenen europäischen Ländern, wie Polen, Italien oder Österreich, Sommerakademien veranstaltet, die das i-Tüpfelchen im Gesamtprogramm der Studienstiftung darllen. Die Akademien bestehen aus verschiedenen Arbeitsgruppen, die ein wissenschaftliches Thema erforschen und diskutieren und am Ende die Arbeitsergebnisse und Thesen zusammenfassen. Der nachfolgende Artikel ist das Ergebnis einer solchen Gruppenarbeit.
Interessant bei dieser Art, die Ferien zu verbringen ist, daß hier Studenten aus ganz Deutschland, aus bunt zusammengewürfelten Fachrichtungen miteinander in Berührung kommen, was sehr anregend und stimulierend ist, weil man nicht nur im eigenen Fakultätssaft herumschwimmt. Einher mit der ernsten Seite geht natürlich auch die Lebensfreude, die hier in keiner Weise ausgespart wird. Bei durchfeierten Nächten mit viel Wein, Kartenspiel und Gesang kommt stellenweise sogar das Gefühl einer letzten, längst verloren geglaubten, Ferienlagerstimmung auf.

Zusätzlich zu den Sprachkurs- und Sommerakademieoptionen kann man auch hochkarätige Praktikumsstellen bei führenden Unternehmen und Auslandsstudienplätze in Anspruch nehmen, welche durch die Stiftung vermittelt und gefördert werden, was vor allem für Studenten des Hauptstudiums interessant ist.

Wer also motiviert und fleißig an sein Grundstudium herangeht (vielleicht ist dies ja ein Grund, die eigene Motivation zu finden) und sich durch gute Leistungen und Weltoffenheit auszeichnet, dem flattert möglicherweise am Ende der vier Semester ein Brief vom Prüfungsamt in den Briefkasten. Wer dann das strenge Aufnahmeverfahren (mit Einzelgesprächen und Fragen zu Fach & Lebenslauf) heil übersteht, der hat wirklich, mit diesem Stipendium, etwas sehr Wertvolles gewonnen, und einen Schritt in Richtung Zukunft getan.

Also, Erstis und Drittsemester, ran an die Buletten – es lohnt sich, schon allein deshalb, weil man sich manch wundersame Reise erspart.

GW