Schatzsuche per Fragebogen

Es war wieder mal so weit, Ranking war angesagt. Nach manager magazin und Focus versuchte sich dieses Jahr der Spiegel daran, die deutsche Hochschullandschaft, inklusive unserer Fakultät, zu evaluieren. Die gute Nachricht: unter deutschen Professoren stuft man uns derzeit ganz weit oben ein.

Tolle Sache! Wer mag da noch nörgeln, unser neues Image anzweifeln?! Oder wissen Spiegelleser wieder mehr als andere? Lange Rede, kurzer Sinn, die schlechte Nachricht sagt: Aus Studentensicht rangieren wir gaaanz weit unten. „Blödsinnige Umfragen!“, mag man da behaupten. Richtig! Die Objektivität dieser Umfrage kann man mit Recht bezweifeln. Wer einige tausend Mark pro Semester bezahlt, wie in diversen Privatunis, der müßte ja schizophren sein, sich dort nicht zufrieden zu fühlen. Warum so viele Ostunis die vorderen Ränge belegen, läßt sich schon schwieriger belegen.

Sei’s drum, Rankings erscheinen wie kursierende Gerüchte, meistens ungenau und undifferenziert, wenngleich, ein Fünkchen Wahrheit ist ja immer dran.

Szenenwechsel – Diplomverleihung April 1999: Alumnis sollten her! Kein Redner versäumte es, die frischgebackenen Absolventen aufzufordern, ihre alte Uni zu unterstützen, den guten Ruf nach außen zu tragen, Geld zu spenden und und und. Man beschwor das eigene Profil, die hohen Anforderungen und die Forschungsausrichtung als den Schatz unserer Fakultät. Schließlich hat man sich damit den guten Ruf erkämpft. Alles richtig, doch kann man sich allein davon dankbare und spendable Alumnis erwarten? Wohl kaum!? Und hat man nicht bei all der Forschung noch einen Schatz übersehen, den unser Häuschen in der Spandauer noch zu bieten hat? Nein, nicht die Heilig-Geist-Kapelle ist gemeint! Die Rede ist davon, daß wir noch keine Massenfakultät sind, wie FU oder Uni Köln. Der Großteil der Veranstaltungen findet in einem Gebäude statt, wo zusätzlich noch Mensa, Bibliothek und Institute Platz haben und die Professoren noch live zu erleben sind. Man kennt sich, läuft sich täglich über den Weg. Spätestens im Hauptstudium, wo Vorlesungen und Seminare nicht (mehr) überfüllt sind, wo die Lösung von K&B- bzw. PrAllo-Hausaufgaben oder anstehende ABWL-Prüfungen förmlich nach Bildung von Lerngruppen schreien, stellt man fest, daß hier noch nicht die Anonymität wie an anderen Wirtschaftsfakultäten eingekehrt ist. Es ist also mehr möglich, als pure Massenabfertigung! Und dieses „Mehr“ hängt auch nicht allein von den – ohne Zweifel – dringend benötigten Geldern ab und sollte auch schon vor einer feierlich inszenierten Diplomverleihung stattfinden.

rankingtabelle Wir haben die vom Spiegel vergebenen Zensuren von unseren Umfrageteilnehmern einschätzen lassen (siehe Tabelle). Während wir im Hauptstudium leicht verbesserte Werte vorfanden, ließen unsere Teilnehmer vom Grundstudium ihrem Frust freien Lauf, und dies wohl nicht zu Unrecht. Da gibt es Vorlesungen und Übungen, die leider noch allzu oft aus Sicht der Dozenten als lästiges Beiwerk betrachtet werden. Sicher ist es nicht unbedingt die reinste Freude, vor großen Massen von zum Teil noch ziemlich unmotivierten Studenten den notwendigen Stoff zu vermitteln. Doch sollte deshalb das Motto „Friß oder stirb!“ lauten und ist es nicht gerade hier die Herausforderung, Studenten für diese Fachgebiete zu motivieren, ihnen Zweck und Notwendigkeit zu vermitteln?! Sollte nicht bei deftigen Durchfallquoten auch mal über eigene Fehler bei der Vermittlung des Stoffes nachgedacht werden?!
Wir meinen dabei nicht, daß man das Anspruchsniveau heruntersetzen solle. Doch erinnern wir uns noch sehr gut an das eigene Grundstudium, wo wir, und das nicht zu selten, nach oben benanntem Motto, mit mathematischen Exerzitien und ständig wechselnden Notationen bis zum Abwinken gefüttert wurden, ohne daß uns Sinn und Zweck des Ganzen überhaupt angedeutet wurde. Heute wissen wir, daß einiges ganz brauchbar und nützlich war und fragen uns um so mehr, warum man diese Einsicht nicht schon in der Vordiplomszeit vermitteln konnte. Sicher muß man auch mal ins Wasser geworfen werden, um schwimmen zu lernen. Doch kann dieses Argument nicht über die Bequemlichkeit bis hin zum Widerwillen einiger (und noch immer viel zu vieler!) Dozenten hinweg täuschen. Daß Studenten zwischen dem Anspruchsniveau des Faches und dem Engagement des Dozenten durchaus unterscheiden können, zeigen unsere Umfragen. Daß Wieland Müller vom Lehrstuhl Güth und auch ein Professor Helmes oder Torsten Decker vom Mathelehrstuhl mit als die didaktisch besten Lehrkräfte eingeschätzt wurden, hat wohl am wenigsten damit zu tun, daß ihre Stoffgebiete von der Mehrzahl der Studenten als ungeheuer interessant oder gar leicht eingestuft werden.

Auch haben die positiven Bewertungen der Freundlichkeit von Dozenten wie Prof. Boßmann oder Prof. Gernert wohl kaum etwas damit zu tun, daß bei Ihnen weniger Leistungen erbracht werden müssen als anderswo. Es hängt wohl eher damit zusammen, daß sie die Studenten (selbst die im Grundstudium) nicht als nutzenmaximierende, unmotivierte Störenfriede ansehen, sondern durchaus wissen, daß ein kleiner Witz oder ein freundliches Wort, neben einem engagierten Vortrag gerade von gestreßten Vordiplomlern gern und dankbar aufgenommen wird. Es soll ja nicht darum gehen, aus jeder Vorlesung eine Karnevalsveranstaltung zu machen, Studenten mittels brillanter Ausdrucksweise zu imponieren oder den letzten Schrei der Technik für die Stoffvermittlung zu nutzen. Hier geht’s eigentlich nur um ganz simple und ganz nebenbei, auch kostenlose Dinge, wie Engagement, ein bißchen Verständnis und Freundlichkeit.

Man könnte diesen Text noch beliebig auf das Hauptstudium ausweiten, wo es zwar wesentlich angenehmer, aber auch noch lange nicht so optimal läuft. Mit unseren Fragebögen haben wir zusätzlich auch Institutionen wie Prüfungsamt, Mensa und Bibliothek untersucht. Sie alle arbeiten unter eher schlechten Voraussetzungen, leiden an Büchermangel, Qualität und Abwechslung des gelieferten Essens oder an ständig wechselnden Prüfungs- und Verfahrensordnungen, wofür die Mitarbeiter schließlich nichts können. Doch sollte die Mittelarmut nicht für fehlende Freundlichkeit oder guten Willen, eben Massenabfertigung, herhalten. Wir meinen, daß in unserer Umfrage sehr gut zwischen Wollen und Können von den Studenten differenziert wurde. Über die Resultate könnt ihr Euch auf den Folgeseiten informieren. Bleibt zu wünschen, daß die Umfrageergebnisse nicht nur der guten Unterhaltung der Studenten dienen, sondern auch dem einen oder anderen Anregung geben, über das bißchen „Mehr“ zumindest nachzudenken. Es ist schließlich keine Schande, als Ökonom einmal über die persönliche Effizienz hinaus zu handeln. Die Erfahrung der Lehr-Evaluation (S. 35), WiWi-Channel (S. 38 ff.) oder Aktion „Studieren 2000“ (ab Seite 36) zeigen, daß in Kooperation von Studenten und Fakultät und mit einem bißchen guten Willen aller Beteiligten, auch ohne millionenschwere Mittelzuwendungen Fortschritte für unsere WiWiFak zu erreichen sind.

Nicht mehr lange und wir werden der feierlichen Diplomverleihung als Absolventen beiwohnen. Vielleicht erzählt man uns dann schon etwas über einige zusätzliche Perlen im Fakultätsschatz und daß man auszog, sie zu bergen.

Eure Hermes-Redaktion