Sayonara

Vor wenigen Tagen erreichte mich der Ruf des Hermes - ich erhielt den Geheimauftrag, einen Bericht über Japan zu schreiben - interessant sollte er sein! Und kurz!! Der Bericht an sich stellt kein Problem dar - nur das mit dem Kurzfassen dürfte nicht funktionieren! Um ehrlich zu sein, ist dies bereits der zweite Versuch, den ich heute wage - die erste Version war zu lang! :-)

Ich befinde mich gerade in Hitachinaka, ca. 120km nordöstlich von Tokyo (und ca. 10km vom schlagzeilenträchtigen Atomkraftwerk entfernt - erhöht den Nervenkitzel!) und arbeite fuer Hitachi, einen der weltweit größten Industriekonzerne. Mein betreuendes AIESEC Local Comitee (LC) ist in Tokyo angesiedelt - ein äußerst seltener Fall, daß der Trainee nicht in der selben Stadt wohnt wie "sein LC". Dennoch ist die Betreuung durch die japanischen Studenten vor Ort wirklich super - wenn ich in Tokyo zu Besuch bin, wohne ich bei Nao, meiner persönlichen Betreuerin. Die AIESECer organisieren Ausflüge, Parties und helfen in jeder Situation. Natürlich bin ich nicht der einzige AIESEC-Trainee in Tokyo! Zur Zeit sind wir ca. 10 Trainees aus 9 verschiedenen Ländern!!!! Wie in vielen anderen "AIESEC Ländern" gibt es eine Mail-List, über die wir täglich Neuigkeiten, Parties und Treffpunkte austauschen.

Als AIESEC-Trainee wird man bereits in Deutschland auf die fremde Kultur vorbereitet - aber natürlich erlebt man immer wieder Situationen, die ungewöhnlich sind, da ich aus einer völlig anderen Kultur komme.

Die Kulturunterschiede beginnen bei ganz fundamentalen Dingen wie dem Essen mit Stäbchen, den verschiedenen Gerichten und z.B. auch der Tatsache, daß Japaner beim Essen schlürfen, was Deutschen zuerst sicher etwas befremdlich erscheinen mag. Auch bei der Hygiene sind deutliche Unterschiede zu spüren! Nein, nicht was Ihr jetzt denkt! Japanische Waschmaschinen waschen ausschliesslich mit kaltem Wasser (keine Sorge, die Wäsche wird sauber!), und im Winter sind die Klobrillen beheizt und haben zusätzliche Funktionen, ich sag nur "Dusche" und "Hintern" (insgeheim hat wohl jeder von uns in seinem kindlichen Erfindungsdrang über die Installation derartiger Funktionen nachgedacht, oder?).

Tokyo ist eine wahnsinnig aufregende Stadt, in der ich ständig das Gefühl habe, den Herzschlag zu spüren. Hier zu leben ist spannend, mitunter allerdings auch sehr stressig. Während der täglichen Rush Hour sind die Subways restlos überfüllt. Oftmals fühlt man sich auf ein Stueck willenloses Fleisch reduziert, daß von Männern mit weissen Handschuhen in die Waggons gepresst wird! Interessant ist der Gegensatz zu meinem Leben in Hitachinaka - in the middle of nowhere! Kaum ein Haus besitzt mehr als 3 Stockwerke, die Supermärkte sind über eine weite Fläche verteilt, und ohne Auto ist man wirklich aufgeschmissen. Junge, unverheiratete Mitarbeiter wohnen in Japan meistens in sogenannten "dormitories" - einer Art Wohnheim, nach Geschlechtern getrennt. Ich wohne in einem sehr kleinen dormitory nahe der Firma, zusammen mit 20 anderen jungen Frauen. Die Atmosphäre ist absolut genial - entspannt, lustig, man hat genügend Privatsphäre, so man denn möchte. Es gibt ein paar Grundregeln, die (für mich) einzuhalten in Hitachinaka kein Problem sind (in Tokyo hätte ich bei dem riesigen Freizeitangebot irrsinnige Probleme! - Nr. 1: Um 23 Uhr ist Zapfenstreich! Nr. 2 : Keine Männer! (Anmerkung: Japanische Maenner sind wider meines Erwartens teilweise wirklich "Kawaii-desu ne" = süß).

Mein Praktikum absolviere ich im Bereich Human Resources, und befasse mich mit den Themen Education & Training mit Schwerpunkt Internationalisation. Von Anfang an haben mich meine Kollegen in ihr Team eingebunden und unterstützen meine Projektarbeit in jeder Hinsicht. Auch nach der Arbeit verbringen wir sehr viel Zeit miteinander - meistens beim "social dinner", bei dem selten Frauen anwesend sind und reichlich Sake (=Reiswein; sehr lecker) getrunken wird. Aber auch an den Wochenenden unternehmen wir gemeinsam Ausflüge ins herbstlich-gefärbte Umland.

Überhaupt scheint die Zeit an mir vorbeizurauschen - bereits 5 Wochen meines neunwöchigen Aufenthaltes sind vergangen. All meine verbleibende Freizeit ist bereits komplett ausgebucht! Ich werde noch einige Tages-und Wochenendtouren innerhalb Japans unternehmen, und als Abschiedshighlight an meinem letzten Tag in japanischen Gefilden ins weihnachtliche Disneyland pilgern! Mittlerweile mach ich mir auch schon Sorgen um mein Rückreisegepäck, das "eigentlich" auf 20 kg limitiert ist - doch den Rahmen habe ich bereits auf der Hinreise gesprengt! Ich hoffe, British Airways bringt mich mitsamt meinem Vorrat an Sake, japan. Süßigkeiten, Kaligraphien, Büchern und Weihnachtsgeschenken pünktlich zu Weihnachten zurück nach Berlin!

Es gibt noch so viele Aspekte und Erlebnisse, die zu schildern der Zeit und Platz zu kurz sind. Wenn Ihr mehr erfahren wollt, seid Ihr hiermit herzlich zu unserem AIESEC Japanabend Anfang nächsten Jahres an der HU Berlin eingeladen. Den genauen Termin findet Ihr am AIESEC Infobord in der WiWi-Fak.
Sayonara aus dem Land der aufgehenden Sonne

Billy