Klartext zur neuen Prüfungsordnung

Interview mit Ben Greiner, der Mitglied im Prüfungsausschuss ist und an der Gestaltung der neuen Prüfungsordnung beteiligt war

Hermes: Lieber Ben, wie ist der aktuelle Stand zur neuen Prüfungsordnung (PO)?
Ben: Wir haben zwei Jahre diskutiert ... Im Herbst letzten Jahres wurde die PO dann vom Fakultätsrat beschlossen. Danach kam die PO zur LSK (Kommission für Lehre und Studium der Universität) und bekam ein negatives Votum und eine Menge Auflagen. Dem Grossteil dieser Auflagen wurde dann im Fakultätsrat zugestimmt, bis auf einige Knackpunkte, wozu vor allem der umstrittene Paragraf mit den automatischen Fünfen zählt.
Zu diesem Paragrafen hat auch die Rechtsstelle der HU ein negatives Gutachten erstellt. Im Akademischen Senat kam dementsprechend auch eine negative Stellungnahme. Die Prüfungsordnung sollte sich jetzt mitsamt diesen ganzen Stellungnahmen eigentlich auf dem Wege zur Senatsverwaltung befinden. Da das Präsidium der HU aber zur Zeit etwas arbeitsunfähig ist, befindet sie sich noch irgendwo dazwischen im bürokratischen Verwaltungsapparat. Die alte PO ist jedoch definitiv bis Ende September verlängert worden. Theoretisch müsste dann, wenn noch keine neue PO da ist, die Senatsverwaltung eine neue PO vorschreiben. Praktisch allerdings wird die neue PO wohl vorläufig in Kraft treten. Aus diesem Grunde sollte man sich dann schon darauf einstellen.

Hermes: Was hat sich demnach im Grundstudium verändert?
Ben: Grundsätzlich werden alle Veranstaltungen einzeln abgeprüft. Die BWL I und BWL II werden aufgelöst. In der BWL II kommen Organisations- und Entscheidungstheorie hinzu. Buchführung und Wirtschaftsgeschichte werden zu normalen Prüfungen und gehen in die Vordiplomsnote ein. In der Summe ergibt dies dann 27 Klausuren im Grundstudium, der inhaltliche Umfang bleibt jedoch derselbe. Alle Prüfungen müssen auch geschrieben werden, man erhält das Vordiplom aber auch, wenn man in maximal zwei dieser Prüfungen endgültig durchgefallen ist. Bedingung ist, dass diese beiden nichtbestandenen Prüfungen nicht aus demselben Fach kommen dürfen (als Fach versteht man VWL, BWL, Mathe und Informatik, Statistik und Ökonometrie sowie Recht) und in diesem Fach im Durchschnitt mindestens die Note 4 (Ausreichend) erreicht wurde.
Desweiteren wird ein neuer Prüfungszyklus eingeführt, der das schnelle Ablegen der vielen Prüfungen erleichtert. Prüfungen werden in der Zukunft zwar immer noch zweimal im Jahr stattfinden, jedoch immer am Anfang und Ende der Semesterferien im Anschluss an die Veranstaltung. Man kann sich dann entscheiden, ob man am Anfang oder am Ende der Semesterferien schreiben will oder die Prüfungen verteilt. Dafür müssen die Prüfungen allerdings dann von den Professoren nicht im darauffolgenden Semester angeboten werden, können aber. Nur Buchführung wird nach wie vor jedes Semester einmal abgeprüft. Wir glauben, dass durch diese Änderungen ein schnelleres und flexibleres Studium möglich ist.
Die bisherigen Prüfungsblöcke (3. und 4. Fachsemester) werden aufgelöst, grundsätzlich kann man jede Prüfung schreiben, wann man will. Man muss allerdings jede Prüfung bis zum Ende des sechsten Fachsemesters wenigstens einmal versucht haben. Ansonsten gibt es dort eine Fünf. Diese Regelung ist jedoch wie schon gesagt rechtlich fragwürdig. Die Stellungnahme der Senatsverwaltung dazu steht noch aus.

Hermes: Wem würdest du raten, zur neuen PO zu wechseln?
Ben: Eigentlich ist es im Grundstudium empfehlenswert, zu wechseln. Bisher bestandene Prüfungen werden problemlos angerechnet. Vorteilhaft ist die neue PO vor allem wegen dem "nicht alles bestanden haben müssen". Der einzige Fall wäre eventuell bei jemandem, der sich gerade für eine BWL Blockprüfung vorbereitet hat. In diesem Falle ist es vielleicht besser, diese dann auch als Block zu schreiben. Die, die ins Hauptstudium kommen, müssen sowieso zur neuen PO wechseln. Und der neue Prüfungszyklus ist auch nach der alten PO noch möglich und wird auch so durchgeführt.

Hermes:
Ben: Was hat sich im Hauptstudium geändert? Fangen wir mit der VWL an... In der VWL hat sich eigentlich fast gar nichts geändert. Nur, dass das Ergänzungsfach jetzt in die Diplomnote eingeht und natürlich der Prüfungszyklus.

Hermes: In der BWL hat sich aber mehr geändert?
Ben: Ja, das ist richtig. Die ABWL- und BBWL-Blockprüfungen werden aufgelöst. Die ABWL hat immer noch dem Umfang von 14 SWS. Allerdings sind das dann 7 Prüfungen, die allesamt Pflicht sind. Bisher brauchte man in der Blockprüfung nur vier davon bearbeiten. Die BBWL's sind 12-14 SWS gross. Hier sind mindestens zwei Prüfungen vorgeschrieben, wahrscheinlich werden es sogar mehr. Sobald man 12 bzw. 14 SWS (dies kann der Prüfer bestimmen) belegt und bestanden hat, ist auch die BBWL bestanden. Dazu können auch Seminare gehören. Das WPF bleibt so wie es war. In der AVWL musste man sich bisher ja entscheiden, ob man die Pflichtbestandteile aus der Theorie, Politik oder Finanzwissenschaft nimmt. Jetzt kann man sich zwei der sechs Pflichtprüfungen der VWL aussuchen. Neu ist das Ergänzungsfach in der BWL, in dem 6-10 SWS erbracht werden müssen, die frei wählbar sind und auch von ausserhalb der Fakultät kommen können. Im Hauptstudium der BWL gibt es jetzt ausserdem analog zum Grundstudium eine Zeitgrenze, die bei 6 Semestern liegt.

Hermes: Wie sieht es hier mit dem Wechseln aus? Für wen ist es vorteilhaft?
Ben: Den VWL'ern würde ich auf jeden Fall raten, zu wechseln. Hier sehe ich gar keine Probleme. In der BWL sind vor allem die Zeitgrenze und die ABWL kritisch. Am günstigsten wäre es, man würde die ABWL in diesem Semester schreiben und dann zum nächsten Semester wechseln.

Hermes: Gibt es irgenwelche Bedingungen für den Wechsel?
Ben: Ja. Der Wechsel ist freiwillig. Wer bei der alten PO bleibt, geniesst bis zum Ende seines Grundstudiums bzw. Hauptstudiums Vertrauensschutz, maximal jedoch für fünf Semester. Der Wechsel muss im nächsten Semester, also im ersten Semester nach der Einführung der neuen PO spätestens zur Prüfungsanmeldung erfolgen. Ein späterer Wechsel ist schwer möglich.

Hermes: Wie ist die neue PO dann also insgesamt zu bewerten? Ist sie studentenfreundlicher?
Ben: Im Vergleich zur alten PO ist sie ein deutlicher evolutorischer Fortschritt, gerade auch im Hinblick auf die Interessen der Studenten. Im Vergleich jedoch zu meiner Idealvorstellung eines Universitätsstudiums ist sie immernoch viel zu verschult und unflexibel. Das liegt aber sicherlich auch an der Tradition des Faches. Um uns tatsächlich irgendwann mal mit der internationalen Elite vergleichen zu können und dementsprechend Studenten auszubilden, müssen noch Viele überkommene Strukturen und konservative Wertvorstellungen abgeschafft werden.

Danke für das Gespräch, Ben!

Das Interview führte Diana Dressler