Nach der Uni waten wir durch Milch und Honig, Euro und Dollars

... was bisher geschah

Nach einer vergnüglichen und lange währenden Studienzeit näherte sich auch für mich, nach mehreren Anläufen (drei letzte Semester, die irgendwie doch nicht das letzte waren) das Ende der süßen Studienzeit. Mit einem guten VauWeEll-Diplom in der Tasche trat ich hinaus in die Welt.

Die kalte Wirklichkeit ereilte mich denn auch unverzüglich. Da mein Studium mit der Diplomarbeit zu Ende war, hatte ich mich während dieser Zeit nicht groß um Stellen bemüht. Mein Rat: Es empfiehlt sich, die Diplomarbeit im vorletzten Semester fertig zu schreiben, dann hat man im letzten Semester den Kopf frei und Zeit, sich um das Leben nach der Uni zu kümmern. Als Konsequenz hatte ich mich während meiner letzten Studententage nur um eine einzige Stelle bemüht. Und diese Stelle wurde leider nicht finanziert. Deshalb ging ich erst einmal auf die Suche nach einem Überbrückungsjob. Die offensichtliche Wahl war ein Praktikum. Aber auch eine einfache Praktikumsstelle zu finden, dauert in unserer bürokratischen Wirtschaft etwas länger. Zuletzt landete ich auf einem Praktikumsplatz im ExistenzGründer-Institut Berlin e. V., einem Verein zur Förderung von technologie- und wachstumsorientierten Gründungen. Viel Geld gab es da leider auch nicht, aber zumindest konnte ich mich vom Arbeitsamt mit einer Praktikumsbeihilfe in Höhe von netto 970,- DM unterstützen lassen.

... wie es weiter geht

Mit meinen Erfahrungen im Gründerbereich, meinen ENIM-Scheinen (Entrepreneureship und Innovationsmanagement) und dem Job beim ExistenzGründer-Institut war ich jetzt also prädestiniert, in die Gründerszene zu gehen. Die Venture-Captial-Geber sahen das nicht so. Da fehlte mir Berufserfahrung, ausserdem gäbe es gerade einen Überschuss an qualifizierten Investment-Managern, Entlassungen machen in einer schwachen Wirtschaft auch vor der VC-Branche nicht halt. Also keine Stelle für mich als allmächtiger Geldgeber.

Im Uni-Bereich gab es für mich als mittelmäßiger Volkswirt nicht viele Möglichkeiten, und schon gar keine zeitnahen. Also blickte ich mich in der weiten Wirtschaftswelt um und dachte so bei mir, in einem Konzern zu arbeiten und mich für den Job als Topmanager ausbilden zu lassen, wäre doch auch nicht zu verachten. Bewerbungen auf unterschiedlichste Trainee-Stellen folgten. Ebenso die Ablehnungen der Konzerne auf meine unzähligen Bewerbungen. Nicht einmal für ein Bewerbungsgespräch war ich qualifiziert genug.

Als letzter erfolgversprechender Bereich blieb dann noch die Bewerbung beim Staat, immerhin dem größten Arbeitgeber in Deutschland. Nun ja, wohl nicht mehr lange. Zwar werden manchmal sogar explizit Volkswirte gesucht, aber Stellen gibt es wegen der diversen Haushaltssperren trotzdem kaum. Und eine Wartezeit von über drei Monaten auf Antwort auf meine Bewerbung ist mir mehrmals untergekommen (zwei Bewerbungen laufen immer noch, wer weiß wie lange).

Auch habe ich das Pech, das falsche Geschlecht zu haben. Zwei Absagen auf meine Bewerbungen formulierten etwa so: „Leider können wir Sie nicht einstellen, wir haben eine Bewerberin genommen“. Vorbei die Zeiten der Männerdominanz: Der Senat z.B. muss seine Stellen erneut ausschreiben, wenn beim ersten Mal keine Bewerberin dabei ist.

... wie es weiter weitergeht

Der Abstieg: Weg aus Berlin. Das könnte mein Schicksal sein, mich nach Hintertupfingen zu bewerben. Und das mir als eingefleischter, sogar gebürtiger Berliner! In Städte, wo die Leute nicht einmal deutsch sprechen können (Leipzig, Stuttgart, München, Frankfurt/Main und wer weiß wohin sonst noch).

Die Rettung: Noch hat mich das Schicksal verschont und bietet mir einen Ausweg. Ein Freund braucht Unterstützung im betriebswirtschaftlichen Bereich für seine Softwarefirma. Neulich rief er mich total verstört an und erzählte, ein Business Angel stehe auf der Matte und möchte gerne in die Firma investieren. Die Gründer, alles Ingenieure und Mathematiker, waren überfordert. Und hier kommen mir jetzt meine Fähigkeiten zu Gute. Businessplan schreiben, Marketing, Kenntnis der Gründerszene, Beantragung von Fördergeldern, Vertrieb, Buchhaltung, Organisation etc.

Der Nachteil: Die Firma hat natürlich noch kein Geld, mich zu bezahlen. Also momentan von der Hand in den Mund leben und das Praktikumsgeld vom Arbeitsamt beziehen. Aber am Montag entscheidet sich der Investor. Das bedeutet für den werten Leser: Zum Zeitpunkt, zu dem Du diesen Hermes in den Händen hältst, bin ich entweder Leiter Marketing und Vertrieb, Stellvertretender Geschäftsführer und Mitgesellschafter der daViCo GmbH oder auf dem Weg nach Leipzig, Fremdsprachen lernen.

... und die Moral von der Geschicht‘

Nehmt den Jobanfang nicht zu leicht. Der kostet immer Zeit, und nicht jeder wird gerne genommen. Und was ich mir von der Fakultät noch wünschen würde (schließlich ist heute der erste Dezember und Weihnachten steht vor der Tür): Einen internen Stellenmarkt bei dem jeder, ob Prof, Assi oder Studi seine Stellenangebote aufgeben kann. Denn das größte Problem ist, freie Stellen zu finden. Gerade die mittelständischen Firmen haben Bedarf an qualifizierten Bewerbern aber nicht die Möglichkeit, große Ausschreibungen zu starten.

Dietmar Fischer