Praktikum - Kaffeekochen oder mehr?

Juli 2001 - Sonne scheint, Professor findet kein Ende, Klausuren drohen. Uni kann echt nerven, wenn das Freibad auf hat. Wie schön wäre doch mal was anderes. Mal rauskommen, was Neues erleben.

Zum Beispiel ´nen Praktikum - das ist doch harmlos gegen den Uni-Stress. Also, bewerben. Es sei denn, dass man jemanden kennt, der wieder jemanden kennt, der da was ganz Tolles usw. Also doch bewerben und auf Antwort hoffen. Nach Dutzenden von Lebenslauf- und Bewerbungsschreibenvarianten hat man sich irgendwann zu einer durchgerungen und schickt alles - natürlich mit einem Bewerbungsfoto - an die verschiedenen Unternehmen. Wird nach wieder Dutzenden von Ablehnungen („Es tut uns leid, im Moment sind leider keine Praktikumplätze frei“) irgendwo angenommen, freut sich auf den ersten Tag. Das Gute beim Praktikum ist, dass man sich nicht noch abends über irgendwelchen Büchern den Kopf zerbrechen müsste, sondern dann einen geregelten Feierabend hat. Tolle Sache, nach Hause kommen und Freizeit haben und keine Art von mehr oder weniger schlechtem Gewissen (spätestens vor Klausuren).

Also, auf ins Praktikum! Am ersten Tag wird man in seinen Arbeitsbereich eingewiesen und erhält auch vielleicht einen eigenen Arbeitsplatz, vielleicht! Da sitzt man dann rum, arbeitet den ganzen Tag am Schreibtisch und surft nebenbei im Internet. Hat man Glück, darf man mit einem Dienstwagen mal durch Berlin zu irgendwelchen Kunden fahren, in Stadtteile, deren Namen man noch nie gehört hat. Sehr beliebt ist es auch, Praktikanten zu IKEA zu schicken und sie Becher, Besteck und Teller und einen Mülleimer kaufen zu lassen. Ach, Kaffee und Milch sind alle. Haste mal kurz Zeit, zu Lidl zu gehen? Schwer bepackt kommt man dann wieder, denn anderen Kollegen fiel noch ein, dass sie dringend Tee (verschiedene Sorten), ´nen O-Saft, oder Nasi-Sonstwas vom Chinesen gegenüber brauchten.

Dann gibt es auch diese Art von Angestellten, die gehen zur Arbeit und kriegen nichts gebacken. Haben diese einmal herausgefunden, dass man einen Fernseher programmieren, beim Kopierer den Papierstau beseitigen kann, den bösen, bösen Computer wieder hinkriegt, dann hat man verloren. Falko, kannste mal kurz kommen?

Beim Thema Computer lernt man sowieso immer dazu! Nie habe ich so unaufgeräumte und so kaputtinstallierte PCs gesehen. Zu Hause am eigenen Rechner ist man darauf bedacht, sich möglichst gegen Viren zu schützen, auf Arbeit wird bei Windows NT mit dem Administrator munter durchs Netz gesurft. Die Cookies heißen dann immer Administrator@... .de. Offen wie ein Scheunentor!

Am nächsten Tag sitzt man dann wieder hinterm Schreibtisch und wünscht die Mittagspause herbei. Irgendwann stellt man fest, dass zwar „feste“ Arbeitszeiten ganz nett sein können, aber auch wieder nicht, denn Arbeiten kommt von Arbeit. Vorlesung kommt von Vorlesen, was viel angenehmer klingt. Denn manchmal kann Arbeit doch echt ausarten.

Wenn es sich während der Arbeitszeit mal einrichten lässt, guckt man wieder bei der Uni vorbei. Da sitzen nur entspannte Vollzeit-Studenten in der Mikro II-Vorlesung. Mit einem Ohr lauschen sie dem Professor und mit dem anderen dem Nachbarn oder schlafen selig auf dem Klapptisch ein.

Spätestens dann weiß man: Studieren ist das schönste, was man machen kann.

faw