Ökonomik beim Aldi-Besuch

Alle Jahre wieder gesellt sich eine neue Riege von vielversprechenden Wiwis an die Humboldt-Universität – sie leiden unter endlosen Mathe-Vorlesungen und lateinischen & griechischen Schriftzeichen en masse. Es sind die Zeiten, in denen in staubtrockenen Vorlesungen der Gedanke an die hohen Opportunitätskosten für den Universitätsbesuch nur durch expansiven Snickers-Konsum und anregende Gespräche über komplexe Kreuzworträtsel zu verscheuchen ist. Für manche von euch, ist das eine (verdrängte?) Erinnerung. Für mich und einige Hundert andere aber die tägliche Freude.

Nach und nach sind die überfüllten Hörsäle, die unbequemen Stühle in selbigen und das fast gesungene Drei-Mark-Neunzig in der Wiwi-Mensa zum neuen Alltag geworden. Der Gedanke vom großen Geld, der Gründung des Start-Up-Unternehmens und der Leitung der Deutschen Bank wich dem Respekt vor den anstehenden Klausuren.

Von dem Traum von Praxis zur Theorie... könnte man meinen! Doch es gibt sie, die unbeugsamen Professoren, die sich den Anspruch der Aktualität und die Lebendigkeit ihres Stoffes auf die Fahnen geschrieben haben. Das BGB, welches in der zugehörigen Vorlesung zum hundertsten Mal seinen Besitzer im Rollenspiel wechselt, der Exkurs zum Kondom-Eintausch der russischen Soldaten in Mikroökonomie und die endlosen Beteuerungen in den Fallstudien, dass die Fälle eigentlich aktuell seien und die Datierungen (der 70s-Style ist in der Mode ja auch nicht out) uns nicht abschrecken dürften. Die tapfere Riege der Professoren also, die noch ohne das Unwort „klausurrelevant“ auskommen, und uns stattdessen auffordern an der Supermarktkasse doch mal auszutesten, wie die Erleuchtung „Der Kostenvektor steht senkrecht auf der Budgetgeraden“ denn so ankommt.

Zum gesteigerten Entertainment-Genuss greifen die Professoren gar dazu, die eigenen Lieblings-Witze, fetzige Musikklänge und wild gestreute Hasen-Bilder zwischen den Power-Point-Folien zu verteilen. Dass manch aufmerksamer Kommilitone hinter den Hasen gar einen versteckten Hinweis auf die Klausurthemen entdeckt haben möchte, bitte ich vertraulich zu behandeln – er könnte ja Recht haben.

Niklas Hoyer