Komscht au ausch Berlin? oder neue Finanzquellen braucht das Land

In der zwölften Klasse wurden wir von unserem PW-Lehrer einmal gefragt, wie viel junge "Westdeutsche" wir als Freunde hätten. Das Ergebnis fiel sehr dürftig aus. Die meisten strotzten vor urberliner Identität. Die Reihe der im Krankenhaus Berlin-Kaulsdorf geborenen, schien kein Ende zu nehmen. Ich war mit meiner frühen sächsischen Kindheit schon etwas Besonderes.

Kurz, wir lebten sehr weit entfernt von Hessen, Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.

Dies sollte sich sehr bald ändern! Denn mit Beginn des Studiums bemerkte man das Phänomen der Neuberliner in voller "Härte". So wurde man nach dem nächsten" Kinaimbiss" gefragt, "Bis die Tage!" diente als Verabschiedung und "Aufschrieb" ersetzte die guten alten Mitschriften.

Man wohnte zwar nach wie vor in Friedrichshain, doch in Wirklichkeit lag Friedrichshain nun irgendwo zwischen Münster, Darmstadt, Krefeld und Konstanz.

Dabei stachen 3 Typen von Hinzugezogenen besonders hervor. Typ 1 zog mutig und alleine im Kombi in die Hauptstadt, ist nach zwei Wochen fester Bestandteil der Berliner Szene, kennt jeden Club und jedes Café und beschwert sich nach drei Wochen über die vielen Schwaben.

Typ 2: Dieser hat den Sprung aus dem Elternhaus in die große Stadt geschafft. Hat nun ein Gefühl wie: "Ha, ich habs, endlich liegt dieses Kaff hinter mir!", um dann langsam zu bemerken, dass die halbe Grundschule bei ihm um die Ecke wohnt. Manchmal kam es mir so vor, als ob Busse vor einem beliebigen schwäbischen (Pardon: badischen!!!) Abiturball halten, jeden Zweiten greifen und zum Studieren nach Berlin schicken. Ansonsten kann ich es mir nicht erklären, wie man in einer so großen Stadt wie Berlin auf Schritt und Tritt Leute aus seinem Jahrgang treffen kann.

Typ 3 geht auf Nummer sicher und zieht geschlossen mit seiner ganzen Clique in eine 8er WG in Prenzlauer Berg. Dieser hat eigentlich mit den gleichen Leuten wie zu Hause zu tun, nur mit dem geringfügigen Unterschied, dass nun alle in Berlin wohnen.

Welchen Typ man auch nimmt, der Strom der Studenten aus anderen Bundesländern ist seit Jahren ungebrochen. Damit stellen sie die Berliner Wissenschaftssenatoren Jahr für Jahr vor Rätsel. Die Universitäten werden immer schlechter, aber die Zahl der hinzuziehenden Studenten wird immer größer. Damit liegt die Schlussfolgerung nahe, dass es sich bei dem "Gut" Studium an Berliner Universitäten eindeutig um ein Giffengut (siehe Mikro I) handeln muss.

Nachdem man das Anschwellen der Studentenzahlen anscheinend nicht ändern konnte, denn b

ssere Universitäten scheiterten am Finanziellen, kam man dann auf die glorreiche Idee, diese Entwicklung zu Geld zu machen und führte die Zweitwohnsitzsteuer ein. Doch da die finanzielle Situation Berlins immer bedrohlicher wird, reicht dieses Instrument schon lange nicht mehr. Fieberhaft wird nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten gesucht, mit denen man den Haushalt sozialverträglich sanieren kann. Zu denken wäre da beispielsweise an die "Schwabensteuer". Würde jeder in Berlin lebende Baden-Württemberger 100 DM zahlen, könnte man zumindest die U5 bis zum Kanzler bauen. Man könnte sie ja dann als Zeichen des Dankes "Konstanzlinie" statt "Kanzlerlinie" nennen. Zusätzlich wäre es möglich an die reichen Verwandten Straßennamen verkaufen, die Leipziger Straße wird zur Ludwigshafener Straße, das Brandenburger Tor zum Bayerntor und der Alexanderplatz wird zum Augsburgerplatz. Des weiteren würde es sich anbieten an alte Berliner Traditionen anzuknüpfen. Berlin gibt seine Selbständigkeit auf und stellt sich unter den Viermächtestatus. Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen übernehmen die Kontrolle und damit die Finanzierung Berlins. Devisenzwangsumtausch an den Grenzen Berlins, Liquiditäts-Luftbrücke, Notenbank-Notopfer etc., Berlins finanzielle Lage ist so düster, dass sicherlich der eine oder andere in seiner Verzweiflung an solche Instrumente gedacht haben könnte.

Aber eigentlich sind wir um unsere Probleme zu beneiden viele Regionen klagen, dass die jungen Leute abwandern und nach Berlin ziehen sie in Strömen. Denn man könnte diesen Trend ja als Potenzial begreifen! Schließlich gelangt ein Großteil der heutigen Studenten in ihren Bundesländern später in einflussreiche Positionen. Viel leichter würde es sich beim Länderfinanzausgleich mit einem bayrischen Ministerpräsidenten verhandeln lassen, der auch in Berlin studiert hat. Wenn man es dann noch schaffen würde, Sympathie und Solidarität bei dem Rest der bundesdeutschen Jugend zu verankern, wäre die weitere Subventionierung Berlins gesichert. Ein Zeichen offensiver Haushaltspolitik wäre dann eine Loveparade unter dem Motto: "Friede, Freude,Finanzausgleich".

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