Professoren und ihre Studienzeit
Wenn ihr entnervt über den nächsten Klausuren brütet, dann fragt ihr euch vielleicht, ob diese Klausurensteller nie selber studiert haben. Oder ob sie in ihrer Studienzeit auch mal was anderes gemacht haben, als nur zu lernen.
Wie waren unsere Professoren, als sie selbst studiert haben?
Diese Frage soll in einer neuen Serie beantwortet werden, den Anfang macht dabei
Professor Schwalbach.
Hermes:
Was und wo haben Sie studiert?
Prof. Schwalbach: Ich habe BWL studiert, das Grundstudium in München, danach
ein Jahr als Gaststudent in Southampton, England. Das Hauptstudium habe ich
dann an der FU in Berlin bestritten.
Wie sind Sie zum BWL-Studium gekommen?
Prof. Schwalbach: Ich bin da durch meinen Vater wirtschaftlich vorbelastet,
er hatte ein mittelständisches Unternehmen.
Hatten Sie auch Durchfaller zu beklagen oder waren Sie
stets der Jahrgangsbeste?
Prof. Schwalbach: Ich war ein guter Student, zu den Top Ten Prozent gehörte
ich wahrscheinlich schon. Durchgefallen bin ich natürlich nie. Das Grundstudium
war relativ einfach für jemanden, der vom Wirtschaftsgymnasium kam.
Gab es denn auch Fächer, die Sie gehaßt haben?
Prof. Schwalbach: Fächer, die ich gehaßt habe, waren BWL-Fächer,
denn so wie sie im Grundstudium vermittelt wurden, war es eine Katastrophe.
Aber ich habe nicht aufgehört, weil ich wußte, dass es noch ein Hauptstudium
gibt, und ich die Universität wechseln wollte.
Glänzten Sie immer mit Anwesenheit?
Prof. Schwalbach: Veranstaltungen, die auf 8 Uhr gelegt waren, fand ich höchst
studentenunfreundlich. Für mich war das immer ein Greuel, ich glaube, ich
habe nie eine Veranstaltung um 8 Uhr besucht. 10 Uhr war für mich schon
sehr früh! Das ergab sich aus dem Studentenleben, dass sich in die Nacht
verlegte, aber das scheint sich ja heute geändert zu haben, Studenten murren
nicht mehr, wenn man Veranstaltungen auf 8 Uhr ansetzt.
Was haben Sie denn in Ihrem Studentenleben nachts immer
so lange getrieben?
Prof. Schwalbach: Ich habe bis Mitternacht das Studium nachgearbeitet, und dann
bin ich noch für zwei Stunden auf ein, zwei Bier in die Kneipe gegangen.
Später in Berlin konnte ich das fortsetzen. Berlin ist -und war- natürlich
viel attraktiver als München. Die Kneipenszene war mit ein Grund, nach
Berlin zu gehen. So gab es zum Beispiel keine Sperrstunde.
Und in welche Kneipen hat es Sie da so hingezogen?
Prof. Schwalbach: Als ich in München war, zog es mich vor allem nach Schwabing.
Die Stadt zog und zieht immer noch eine ganz bestimmte Art von Menschen an,
Leute die vorgeben Geld zu haben, und das prägt natürlich auch die
gesamte Infrastruktur und die Kneipenszene.
In Berlin ging ich meist nach Kreuzberg und Schöneberg.
Sie haben in den Siebzigern studiert, hatten Sie auch lange
Haare und Schlaghosen?
Prof. Schwalbach: Ja ich hatte schulterlange Haare und eine Hornbrille, ich
sah fürchterlich aus. Wenn ich mir die Bilder heute ansehe, dann wundere
ich mich, dass ich überhaupt eine Freundin gefunden habe.
Was war die Musik Ihrer Jugend?
Prof. Schwalbach: Das war Klassik und vor allem Rock, wie der von den Rolling
Stones. An legendären Konzerten habe ich nichts miterlebt, nur später,
als ich schon älter war, konnte ich Bob Dylan und die Rolling Stones live
erleben.
Andere Professoren haben gekellnert, womit haben Sie Ihr
Geld fürs Studium verdient?
Prof. Schwalbach: Kellnern mochte ich nie. Ich wollte immer auf der anderen
Seite vom Tresen stehen. Durch meine fertige Ausbildung konnte ich als Vermessungstechniker
in den Semesterferien arbeiten. Doch habe ich auch über die Studentenvermittlung
kleine Jobs übernommen, so habe ich z.B. in München Wein ausgefahren.
Wollten Sie nie etwas anderes als Professor werden?
Prof. Schwalbach: Im Laufe des Studiums ergab sich die Freude an der Wissenschaft.
Nach dem Diplom habe ich am Wissenschaftszentrum Berlin ein Doktorandenstipendium
erhalten. Das war der erste Schritt zur wissenschaftlichen Laufbahn. Ohne ihn
wäre es für mich schwer vorstellbar, heute Professor zu sein.
Haben Sie sich dennoch in der freien Wirtschaft beworben?
Prof. Schwalbach: Bei Lufthansa und Siemens war ich zu Gesprächen, wurde
aber enttäuscht, da die Mitarbeiter zu stark bevormundet wurden. Es kommt
mir auf den Output an und nicht darauf, wie man ihn erzielt, also ob mit viel
Anwesenheit oder mit wenig. Die Entscheidungsfreiheit über den Weg hätte
ich in der Industrie nicht gehabt. Gute Wissenschaftler orientieren sich nur
am Output.
Was hat sich am Studium im Vergleich zu heute geändert?
Prof. Schwalbach: Das Studium ist internationaler geworden, das zeigt sich in
der Zusammensetzung der Professoren, der Studienangebote wie auch der Studienliteratur.
Die Studenten haben sich, was das Leistungsvermögen und die Einstellung
anbelangt, meines Erachtens nach, nicht geändert. Sie müssen natürlich,
was die Fülle des Stoffs angeht, wesentlich mehr wissen als früher.
Vielen Dank für das Interview.
HP. und ww