MC-Klausuren zu lässig oder zulässig?

Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes in Sachsen dürfte auch in unsere Fakultät etwas Wind bringen. Ein Student der Wirtschaftsinformatik in Dresden verklagte die Universität. Er war in einer BWL-Block-Klausur zum dritten Mal durchgefallen und erreichte, dass er diese nun ein weiteres Mal schreiben darf.

Die Begründung für seine Beschwerde war, dass Multiple-Choice-Klausuren nur dann zu-lässig sind, wenn sie in der Prüfungsordnung (PO) ausreichend verankert sind. Dies waren sie in Dresden nicht und der Student gewann. Das Sächsische Oberwaltungsgericht hob damit eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in Dresden auf.

Sind bei uns MC-Klausuren erlaubt ?

Zunächst einmal haben findige Recherchlinge des Hermes festgestellt, dass auch die HU-WiWi-Fak das Antwort-Wahl-Verfahren (Multiple-Choice auf deutsch) nach den Erfordernissen des Gerichtes aus Sachsen nicht ausreichend in der PO legimitiert hat. Denn die PO muss laut Urteil Regelungen enthalten, die auf die besondere Prüfungsart des Multiple-Choice zugeschnitten sind. Die Tätigkeit der Prüfer, die „Bestehensvoraussetzung“ und die Notenvergabe muss durch Vorgaben im Satzungsrecht der Hochschule geregelt sein.

„Es genügt nicht, dass der jeweilige Prüfungs-ausschuss oder die eingesetzten Prüfer solche Regelungen autonom treffen“ heißt es in dem Urteil, welches dem Hermes vorliegt.

Besonderes Augenmerk gilt hierbei der Bestehensvoraussetzung und der Notenvergabe.

Die bei MC-Klausuren erbrachten Leistungen lassen sich nicht ohne weiteres in Stufen einer Notenskala einordnen. Denn die Leistung wird nur darüber bewertet, wie viele Fragen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Fragen richtig beantwortet wurden. Art.12 Abs.1 GG verlangt jedoch, dass bei berufsbezogenen Prüfungen die Bestehensgrenze „nicht allein aus einem Vomhundertsatz der geforderten Antworten ergeben darf, sondern in einem Verhältnis zu einer möglichen Höchstleistung oder zu einer Normalleistung stehen muss.“

Also ist ein Bezugspunkt erforderlich, der sich aus erwarteten Leistungen und damit von der Schwierigkeit der Prüfungen abhängt. Dies ist beim MC-Verfahren nicht gegeben.

Entsprechendes gilt für die Notenvergabe. Dass heißt, nicht nur die Bestehensgrenze, sondern jede einzelne Note muss diesen Vorgaben folgen.

Was bedeutet das für die Fakultät ?

Für den Studenten, der klagen will, gilt folgendes. Das zitierte Urteil ist ein Einzelurteil und ist nicht zwangsläufig ausschlaggebend und aussagekräftig für Folgeurteile mit ähnlichem Hintergrund.

Für die Zukunft der Multiple-Choice-Klausuren kann man sagen wenn die PO nicht geändert wird und weiterhin Klausuren mit MC-Verfahren angeboten werden, dass es wahrscheinlich ist, dass auch an unserer Fakultät geklagt wird. Man kann sich gut vorstellen, dass dies nicht gerade das ist, was sich die Professoren wünschen.

Die Fakultät kann den Klagen durch zweierlei Möglichkeiten entgehen. Die Erste ist offensichtlich, man bietet einfach keine MC-Klausuren an. Die Zweite ist etwas diffiziler. Die PO müsste hinsichtlich des MC-Verfahrens geändert werden. Folgt man den Vorgaben des Urteils ist dies aber nur sehr schwer zu bewerkstelligen. Zudem könnten die Studentenvertreter durch ihr Mitbestimmungsrecht die Änderung der PO bei negativen oder nicht gewollten Folgen für die Studentenschaft eine gute Weile hinziehen und den Beschluss verzögern.

Die Studentenvertreter sollten sich hierbei fragen, in welchem Sinne es wäre, dies zu tun. Sind MC-Klausuren nachteilig für die Allgemeinheit der Studenten und bringen nur den Vorteil, dass sich jemand eine weitere Chance einklagt? Zudem gilt zu bedenken, dass eine Abschaffung der MC-Klausuren nicht nur die Notenbekanntgabe verzögern würde (ein kleines Übel), sondern auch deutliche Mehrarbeit für die Assistenten bedeutet, welche die Klausuren sehr häufig vorbereiten.

Die Studentenvertreter sollten sich mit der Thematik beschäftigen und ausloten, was das Richtige für die Studentenschaft und die Fakul-tät ist.

sk