Köhler zum HfW

Globalisierung und die Rolle des IWF

Wie sonst nur in Grundkursvorlesungen war der Raum 201 völlig überfüllt. Nach einer kurzen Einführung von Dekan Professor Burda trat der Stargast ans Rednerpult. Dr. Horst Köhler, Geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds, hielt einen Vortrag zum Thema „Die Herausforderungen der Globalisierung und die Rolle des IWF“.

Köhler begann mit der Frage, was Globalisierung sei. Es handele sich dabei um die Verflechtung nationaler Volkswirtschaften durch Handel, aber auch durch freien Austausch von Gedanken und Ideen. Getrieben von einem Drang nach Freiheit und einem besseren Leben sei die Globalisierung nicht erst ein Phänomen heutiger Tage, sondern habe schon im elften Jahrhundert mit ersten Handels- und Entdeckungsreisen zu Lande und zu See begonnen. Beschleunigt durch zahlreiche Erfindungen in der Vergangenheit nahm der Welthandel in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach zwei verheerenden Weltkriegen ein bisher nicht gekanntes Ausmaß an. Dies ging mit einem rasanten Wirtschaftswachstum in den Industrieländern, aber auch in den Entwicklungsländern einher. Doch auch diese Erfolgsstory hat ihre Schattenseiten.

Köhler führte hierzu die trotz allem starken Wohlstandsdifferenzen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, die Finanzkrisen und die damit verbundene Überschuldung sowie die Umweltverschmutzung an. Globalisierung an sich sei seiner Meinung nach weder gut noch schlecht, so könne Globalisierung zum Beispiel bei der Bekämpfung der Armut helfen, nur bedürfe es dazu einer politischen Gestaltung (derselben). Es gehe dabei um die internationale Interdependenz nationalen Handelns und der Gedanke der Solidarität müsse mehr Beachtung finden. Die Bekämpfung von Armut sei eben auch eine Investition in Stabilität und Frieden.

Zweifelsohne bedürfe es neben diesen beiden Argumente aber immer noch der Eigenverantwortung der Länder, sowie gemeinsamer Regeln, die beim Handel beachtet werden. Schließlich sei die Verschiedenartigkeit der Kulturen ein Reichtum der Welt, den es zu bewahren gelte, anstatt zu versuchen, alles in eine einheitliche Form pressen zu wollen.

Die Aufgaben des IWF sieht Köhler in diesem Prozess der Surveillance, also der Überwachung und der Untersuchung von Quellen von Krisenanfälligkeit sowie in der Stärkung der Krisenresistenz. So würden nach der Asienkrise vermehrt Stärken- und Schwächenprofile erstellt. Besondere Aufmerksamkeit seitens des IWF gelte auch den privaten Kapitalströmen, die die öffentlichen Finanzmittel nach Volumen und Differenzierung weit überholt haben. Dabei sei gerade bei einer Öffnung eines Landes für den freien Kapitalverkehr der Aufbau von entsprechenden Institutionen, die die notwendigen regulatorischen und aufsichtsrechtlichen Fähigkeiten des Landes haben, von Nöten.

Im Bereich der Krisenprävention schaffe dabei der Special Data Dissemination Standard des IWF die erforderliche Transparenz, um wirksam Krisen von vornherein erkennen zu können. Aber selbst die stärksten Anstrengungen könnten Krisen nicht verhindern. Vielmehr sei die Eigenverantwortung der einzelnen Länder gefragt, wobei der IWF nicht als automatischer Helfer in der Not zu verstehen sei. Hierzu wurden deswegen die Grenzen und Voraussetzungen für den Zugang zu IWF-Krediten klarer definiert.

Eines der wichtigsten Aufgabengebiete des IWF sei vor allem die Bekämpfung der Armut der Welt. Wie auf dem UN-Gipfel in Monterry im März 2002 beschlossen, bedürfe es dafür verstärkter Anstrengungen der armen Länder, die Rechtsstaatlichkeit und gute Regierungsführung zu garantieren. Nur so sei es möglich, dass die reicheren Länder noch schneller und umfassender investieren. Dabei sind die langfristigen Entwicklungsstrategien, wie die so genannten Poverty Reduction Strategy Papers von großer Wichtigkeit. Schuldenerlass sei dabei kein Allheilmittel, stattdessen müssten die Schuldverträge durch die Entwicklungsländer ernster genommen werden, so dass seitens der Geberländer auch eine Rückzahlung der Schulden erwartet werden könne. Wollten die reichen Länder die Armut jedoch wirklich bekämpfen, müssten sie auch marktverzerrende Subventionen besonders im Agrarbereich abbauen. So werde im Moment jede Kuh in Europa mit $ 2,50 subventioniert, dies sei ein höherer Betrag als jener, von dem jeder der über drei Milliarden Menschen in den Entwicklungsländern täglich leben muss. Gerade in diesem Fall sei die fehlende Umsetzung der „Entwicklungsrunde“ von Doha eher enttäuschend.

Aber nichtsdestotrotz brauche eine globale Wirtschaft auch eine globale Ethik, anders gäbe es kein Überleben des Globus. Abschließend rief Köhler alle Anwesenden dazu auf, daran mitzuwirken, „eine gemeinsame Zivilisation des friedlichen Miteinander“ (Roman Herzog) zu entwickeln.

faw