Studier doch Mathe!

Mittlerweile erhält man auch als notorischer Zuspätkommer einen Sitzplatz mit guter Sicht und stabilem Tisch in der Mathe II Veranstaltung. Das war nicht immer so. Mathe scheint nicht jedermanns Lieblingsfach zu sein. Allerdings gibt es da aber auch andere Student/Innen, die gerne noch tiefere Einblicke in die Abgründe der Mathematik bekommen würden. Eine von diesen Wissbegierigen ist Anna, die vorhat ihr VWL Studium umzuwandeln in ein Mathematikstudium mit VWL als Nebenfach. Ich habe sie getroffen, um ihr einige Fragen zum Wechsel des Studiengangs zu stellen:

Hermes: Was hat dich dazu bewogen zu Mathe zu wechseln? Was bringt dich vom VWL -Studium ab?

Anna: Schon bevor ich anfing, VWL zu studieren, habe ich mit Mathe geliebäugelt. Mich fasziniert die Klarheit des Denkens, das Austesten der eigenen Grenzen. Gleichzeitig hatte ich aber auch schon lange den Traum, unsere Gesellschaft in irgendeiner Art und Weise zu verbessern. Das meinte ich besser als Volkswirtin erreichen zu können. Enttäuscht war ich davon, dass ernsthafte Mathematik in unserem VWL - Studium eigentlich keine Rolle spielt. Außerdem habe ich festgestellt, dass eine Wirtschaftsmathematikerin wohl die gleichen, wenn nicht sogar mehr Berufsmöglichkeiten hat, als eine Volkswirtin. Beispielsweise sind einige unserer Professoren von Hause aus Mathematiker.

In diesem Semester belege ich nur Lineare Algebra bei den Mathematikern. Aber im nächsten Semester werde ich ganz umsatteln. Ausschlaggebend war, dass mir Mathe wesentlich mehr Spaß macht als Wirtschaft.

Hermes: Gibt es da einzelne Fächer die dich stören?

Anna: Da gäb‘s so einiges zu nennen, eigentlich fast alles. Ganz furchtbar finde ich die BWL-Veranstaltungen. Aber auch die Wirtschaftsmathematik hat mir nicht wirklich gefallen, weil es fast nur noch ums Rechnen und weniger um Beweise ging. Interessieren tun mich im Wesentlichen die VWL-Vorlesungen und auch öffentliches Recht fand ich gut.

Hermes: Weißt du schon wie dein Tagesablauf im Mathestudium so in etwa aussehen wird?

Anna: In Mathematik hat man im Vergleich zu anderen Studiengängen relativ wenig Veranstaltungen. Im Grundstudium hört man erst einmal nur Analysis und Lineare Algebra und belegt zusätzlich computergestütztes Rechnen. Allerdings ist die Nachbereitung der manchmal rätselhaften Vorlesungen und das Knobeln an den Übungsblättern ziemlich zeitaufwendig. Insgesamt hat man meiner Meinung nach mehr Arbeit als in Wirtschaft. Es ist aber auch eine andere Art von Arbeit - abwechslungsreicher, da man ja gewissermaßen kreativ arbeitet.

Hermes: Welche Scheine kannst du anerkennen lassen?

Anna: Als Mathematikerin muss man ein Nebenfach belegen - damit soll der Anwendungsbezug gewährleistet werden. Ich werde Volkswirtschaftslehre als Nebenfach weiterführen. Laut Studienordnung muss man dann die normalen VWL-Grundstudiumsveranstaltungen belegen. Also kann ich mir Mikro I und II etc. anerkennen lassen.

Hermes: Wer hat dir bei deiner Entscheidung mit kompetenter Beratung zur Seite gestanden?

Anna: Ich habe mich sowohl mit Prof. Kamecke als auch mit Prof. Brandt unterhalten. Beide Gespräche haben mich wohl in meiner Entscheidung bestärkt. Darüber hinaus ist die Studien-
beraterin der mathematischen Fakultät wirklich sehr nett.

Hermes: Denkst du, dass es ein Klischeebild vom typischen Mathematiker gibt und - wenn ja - wie sieht das aus?

Anna: Oh ja, das gibt‘s - in der Realität gar nicht mal so selten anzutreffen. Blass, Brille, weltentfremdet, ernsthaft, Sandalen mit weißen Tennissocken, ordnungsliebend, tendenziell eher unkommunikativ, leicht kontaktgestört - insgesamt liebenswert.

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Katharina Poschmann