Wann ist morgen?

Seit einer Woche soll der neueste Film von Roland Emmerich „The Day After Tomorrow“ die deutschen Kinokassen füllen. Thema des Films ist die Klimaveränderung und deren katastrophalen Auswirkungen. Setzt man sich bewusst mit dem Inhalt auseinander und genießt nicht nur die special effects, so wirft dieses Kinoerlebnis einige Fragen auf:

Wann ist morgen? Was ist, wenn die Bäume streichelnden Spinner von Greenpeace mit ihrer Behauptung „The Day Is Today“ nicht übertreiben, nicht den Teufel, sondern die Zukunft an die Wand malen und es von uns abhängt, wie nah oder fern diese ist?

Auch wenn Roland Emmerich die Klimaentwicklung im Zeitraffer darstellt, ist es defintiv längst an der Zeit, die Tatenlosigkeit bei Seite zu schieben. Aber was muss erst geschehen, damit endlich ein ganzheitliches Umdenken einsetzt?

Ich selbst bin mit meiner genetisch bedingt dunkleren Haut in bezug auf Sonnenstrahlen nie so gefährdet gewesen wie andere und habe immer auf Sonnencremes verzichten können. Als ich vor fünf Jahren meinen ersten Sonnenbrand bekam, musste ich sprichwörtlich am eigenen Leib erfahren, dass wir bereits sehr viel Schaden angerichtet haben. Begriffe wie Ozonloch, Klimaerwärmung, Polkappenschmelze dürfen für uns nicht länger abstrakt und im unseren Unterbewusstsein begraben bleiben.

Alles Banale, was wir tagtäglich tun muss bewusster und weniger automatisch ablaufen.

Dazu gehört auch, rational zwischen Luxus und Notwendigkeit zu differenzieren.

Niemand MUSS den zehnminütigen Weg zur Eisdiele mit dem Auto zurücklegen. Natürlich wäre das bequemer, aber die Alternative Fahrrad hilft nicht nur der Umwelt, sondern hält auch uns selbst fit. Und das ist wohl der springende Punkt. Die Motivation, etwas bestimmtes zu tun, kann nur durch Anreize erzeugt werden. Dann sollte nicht zuletzt dem Ökonom aber bekannt sein, dass man durch umweltbewußteres Handeln auch Geld sparen kann. Es löst bei mir jedes mal Unbehagen aus, wenn ich mitansehen muss, wie meine Mitmenschen ihr Frühstück in Alufolie einwickeln, anstatt abwaschbare und demzufolge wieder verwendbare Tupperdosen zu benutzen. Genauso würde es dem eigenen Geldbeutel gut tun, wenn man nicht bei jedem Supermarkteinkauf eine neue Plastiktüte für 10 Cent mit auf die Rechnung bekäme, sondern immer einen Umweltbeutel zur Hand hätte. Ein chemisch gefärbtes, in der aktuellen Trendfarbe schillerndes Modetäschchen kann in diese Begriffsdefinition jedoch nicht aufgenommern werden, die Einkaufstaschen von Douglas auch nicht wirklich. Gemeint sind tatsächlich die echten naturfarbenen, zusammenfaltbaren, schmucklosen „grünen“ Beutel. Was die meisten davon abhält, ist wohl leider die noch immer weit verbreitete Angst, dafür an Coolness und Attraktivität einzubüßen. Ist es nicht an der Zeit, sich mal wieder weniger um Äußerliches und Oberflächlichkeiten zu kümmern und sich mehr auf das Wesentliche zu konzentrieren? Was ist das eigentlich für eine Gesellschaft, in der man sich für sein Umweltbewusstsein und sein nachhaltigorientiertes Denken rechtfertigen muss? Wieso kann man mit seiner eigenen Persönlichkeit erst durch das Tragen teurer Markenlabels beeindrucken und wird verlacht, wenn man die angeblich dahinter stehende Logik nicht nachvollziehen kann? Muss erst irgendeine renommierte Sport- oder Modefirma ihren Namen draufsetzen, damit uns der Jutebeutel nicht abwertet, sondern Ansehen verschafft? Wahrscheinlich wären wir dann sogar bereit 10 Euro dafür zu bezahlen. Scheinbar ist das alles ein Fall für die subjektive Sichtweise. Manchmal frage ich mich, ob wir unser absurdes Verhalten noch steigern können oder ob das Optimum schon erreicht ist. Peinlich finde ich persönlich eine Gesellschaft, die so strukturiert ist, dass man den Kunststoff mittlerweile schon unter der Haut trägt, dass man sich in Modezeitschriften darüber informieren muss, was man in diesem Sommer nicht mehr tragen DARF, wenn man sich nicht blamieren will.

Egal wie, Umweltbewusst soll nicht bedeuten, dass man nur noch barfuß mit Dreadlocks und Blumen im Haar singend durch die Welt spaziert, zu den Veganern und Jogis konvertiert und alle Menschen als seine Freunde betrachtet. Das ist keine Entscheidung zwischen schwarz und weiß. Aber es kann doch nicht so schwer sein, ein bisschen mehr öko zu werden und beispielsweise den Müll zu trennen - und zwar richtig, wenn er sich denn nicht gänzlich vermeiden lässt, was wiederum öfter der Fall ist als wir denken oder zugeben wollen.

Die Mülleimer auf den Bahnhöfen sind sogar farblich für die jeweilige Müllkategorie kenntlich gemacht, so dass man bei Kurzsichtigkeit nicht erst einmal bückend im Kreis laufen muss, sondern bereits aus größerer Entfernung sieht, welche Tonne man anzusteuern hat.

Möglich, dass der bisher schleppende Erfolg der bunten Mülleimer auf die Farbenblinden zurückgeht, deren Häufigkeit in der Statistik eventuell nicht korrekt erfasst ist.

Wahrscheinlich lässt er sich aber doch eher an der bewussten Ignoranz oder einfach an Naivität festmachen. Dass sich nicht nur Textilien, sondern auch Haare färben lassen, ist auch nicht erst seit gestern bekannt. Dennoch wird die krebserregende Chemie der Natur vorgezogen, wobei man andererseits sagen muss, dass die Naturfärber verschwindend gering im Haargeschäft vertreten sind. Angebot oder Nachfrage? Wo ist die Schuld zu suchen?

Es gibt wohl noch viel zu viele unter uns, die solche Diskussion mit einem spöttischen Lächeln aus ihren Gedanken verbannen und als unwichtig erachten. Genau die sollten sich den Film „The Day After Tomorrow“ bewusst ansehen und sich in die verfilmte Situation hineinversetzen. Wem von diesen lachenden Ignoranten ist dann noch zu Lachen zumute?

Man kann fast alles käuflich erwerben, aber keine neue Erde und wer sollte die auch bezahlen?

Sabrina Nasrun