Go East

„Ein großer Tag für Europa und damit auch für Deutschland…“, „…jetzt liegen wir in der Mitte eines geeinten Europas.“ Mit solchen Worten läutete die ganz große Politik am 1.Mai 2004 eine neue Ära ein. Die EU-Osterweiterung war ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem vereinten Europa. Euphorisch wurde in den neuen Mitgliedstaaten das gefeiert, was hierzulande manchmal Besorgnis erregt.

Andererseits scheinen viele Menschen erst jetzt zu begreifen, dass es auch östlich von Oder und Neiße durchaus kulturellen und gesellschaftlichen Reichtum, sehenswerte Städte und atemberaubende Landschaften gibt. Während junge Polen, Tschechen oder Ungaren schon längst den Weg an die westeuropäischen Unis gefunden haben, war Osteuropa für westeuropäische Studierende lange Zeit akademisches Niemandsland.

Gerade mal 32 Studierende der Humboldt-Uni sind 2001 in ein osteuropäisches Land gegangen, um dort für ein Semester zu studieren. Doch spätestens mit der Osterweiterung ist das Interesse an einem ein Auslandsstudium in den neuen EU-Staaten gestiegen.

Die Zahl der Austauschplätze in diese Länder hat sich seit 2001 von 90 auf 160 erhöht, wovon 56 Plätze vergeben werden konnten. Dies entspricht einem Anstieg gegenüber 2001 von 75 Prozent. Trotzdem bleiben nach wie vor 65 Prozent der vorhandenen Plätze unbesetzt. Nach Angaben von Frau Marx vom akademischen Auslandsamt der HU sind 46 Prozent der „Osteuropa-Studenten“ nach Polen, 26 Prozent nach Tschechien und 21 Prozent nach Ungarn gegangen, womit diese Länder, wie schon in den vergangenen Jahren, zu den Top Drei gehören.

Die Beweggründe in Osteuropa zu studieren sind unterschiedlich. Von „Abenteuerlust“ im vermeintlich unterentwickelten Ostblock über „gute Universitäten“ bis hin zu „Osteuropa ist die Zukunft“ reichen die Erklärungen, weshalb man nun gerade in Krakau oder Riga studiert, in Budapest oder Ljubljana sein Praktikum absolviert.

Tatsächlich bieten viele osteuropäische Universitäten ein hohes wissenschaftliches Niveau, international ausgerichtete Studiengänge und ein Betreuungsverhältnis „Student pro Professor“, von dem die meisten deutschen Studierende nur träumen können. Die Lebenshaltungskosten sind je nach Studienort um einiges geringer als in Deutschland, was die Finanzierung eines Aufenthaltes erleichtert. Auch existieren eine Reihe von Förderprogrammen wie etwa das „Go-East-Programm“ des DAAD, die ein Studium oder Praktikum im osteuropäischen Ausland unterstützen.

Die im Ausland erworbenen Fach-, Sprach- und Landeskundekenntnisse können auf dem Arbeitsmarkt von Vorteil sein, denn Osteuropa gehört zu den wichtigsten Wirtschaftsregionen für deutsche Unternehmen und auch politisch bekommt die Region immer mehr Gewicht. Der Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung erklärte im Januar 2004: „Die zunehmende Attraktivität von Hochschulen in Mittel-Osteuropa und den Ländern der GUS für unsere Studierenden und Wissenschaftler kommt genau zur richtigen Zeit. Seit Mai hat die Europäische Union 25 Mitgliedsstaaten, die rund 450 Millionen Menschen umfassen. Da kann die zunehmende Zahl der Studienaufenthalte in den östlichen Partnerländern für die wissenschaftliche, aber auch für die wirtschaftliche Zusammenarbeit gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.“

az